Glossar

Marsalis, Wynton

W.M. und sein Mentor, der Musikjournalist Stanley Crouch, lieben volltönende Worte, daher verdient der Trompeter es wohl, in ebensolchen abgehandelt zu werden. Bei aller unbestrittenen instrumentalen Virtuosität, enormem Organisationstalent und wortgewaltigem Einsatz für seine Sicht der Jazz-Geschichte herrscht trotzdem immer noch unter vielen Hörern der Eindruck vor, dass das inzwischen recht umfangreiche Oeuvre des Trompeters nicht viel mehr ist als das gewaltigste, glänzendste Pastiche, das diese Musik bisher zu bieten hat – wobei sie unter den Händen ihres wütendsten Verteidigers unangenehm selbstreferentiell wird. Man fühlt sich versucht, ein Bonmot dieses berühmten deutschen Literaturkritikers zu paraphrasieren: "Musiker verstehen von Musik soviel wie Vögel von Ornitholgie." In der Regel wird Branford (dem saxophonspielenden Bruder des Messias der Neoklassizisten) der interessantere, kreativ wichtigere Beitrag zum Mainstream-Jazz der 90er Jahre zugebilligt. Und das 21. Jahrhundert hat sich noch so gar nicht festgelegt, was es vom Bebop und seinen Abarten halten möchte...